Über J. G. Grasel

Wer war J. G. Grasel?

Nahm der den Reichen und gab den Armen?

Wer war Johann Georg Grasel? Ein Räuber und Mörder? Oder ein Opfer seiner Zeit und der trostlosen sozialen Verhältnisse? Ein legendärer Räuber, dessen Berühmtheit so weit reichte, dass sein Name in den Sprachfonds der tschechischen und der deutschen Sprache Einzug hielt?
Ein Mensch, dessen Person uns heute als „Vorwand“ zur Interpretation des natürlichen und kulturellen Erbes jener Zeit dient, in der Grasel lebte? Ein Mensch, dessen Aktionsradius keine Grenzen kannte und heute die Böhmen, Mähren und Österreicher verbindet?
Folgen Sie unserer Einladung, begeben Sie sich mit uns auf die Wege durch jene Orte, an denen der berüchtigte und gefürchtete Wegelagerer und „grázl“ Johann Georg Grasel sein Unwesen trieb und sich verborgen hielt. Bis heute lebt er in Liedern und Volkserzählungen, bis heute lebt er in Legenden und Überlieferungen. Auf tschechischer und österreichischer Seite gibt es ihrer nicht wenig. In den meisten von ihnen wird Grasel als fröhlicher, gescheiter Bursche dargestellt, der – in der Tat- den Armen und auch Reichen nahm und keine großen Unterschiede zu machen pflegte. Die Interpretation der mit seinen Umtrieben verbundenen Orte, Denkmäler an jene Zeit, in der er lebte, dies alles bieten Ihnen die Graselwege. Kommen Sie und helfen Sie uns, Antworten auf die vielen Fragen zu finden …

 

Wissenswertes

Was Sie über J. G. Grasel vielleicht nicht wissen

  • Wussten Sie, dass Grasel in einer Familie eines Abdeckers das Licht der Welt erblickte und seine Mutter die Tochter eines Bettlers war? Die Arbeit des Abdeckers gehörte im Jahre 1790, als der kleine Johann geboren wurde, zu den verschmähten und verachteten Berufen.
  • Wussten Sie, womit Abdecker ihr kärgliches Dasein fristeten? Wussten Sie, dass zu den ebenso verachteten Berufen seinerzeit auch Musikanten gehörten?
  • Wussten Sie, dass er zweimal, stets unter falschem Namen, eingesperrt wurde, und dass ihm in beiden Fällen die Flucht gelang? Im April des Jahres 1815 ließ er sich als Soldat anwerben, wobei er jedoch nach sechs Wochen desertierte. In jenem Jahr wurde er auch Vater – seine liebe Rosalia Eigner aus der Gemeinde Stálky gebar ihm einen Sohn.
  • Wussten Sie, wie er gefangen genommen wurde? Lediglich durch eine List, bei welcher der Drosendorfer Gerichtsbeamte Franz Schopf und der polizeiliche Informant David Mayer aus Brünn eng beteiligt waren. Mayer befreite aus dem Gefängnis in Drosendorf Grasels Geliebte Therese Hamberger und konnte durch Mittelsmänner den Kontakt zu Grasel knüpfen. Er versprach ihm, ihn ins Ausland zu schleusen. In der Nacht zum 20. November 1815 wurde er jedoch im Gasthaus in der Gemeinde Mörtersdorf bei Horn festgenommen.
  • Wussten Sie, dass mit Grasel mehr als 200 Personen und Kumpane verfolgt wurden? Es handelte sich zumeist um Abdecker, Gastwirte, Bauern und Kaufleute. Bei einigen, vor allem geringfügigen Taten, ging es weniger um die Beute, als eher um Unterhaltung und Spaß.
  • Wussten Sie, dass sich Grasel zu 205 Verbrechen bekannte? Wie war eine derart hohe Anzahl möglich? Ursachen gab es viele: der Unterschlupf in Abdeckereien, gute, eigentlich weniger gute, Gefährten (Ignaz Stangl, Jakob Fähding – Hirte aus Drosendorf), der bürokratische und schwerfällige Kampf der Obrigkeit gegen Verbrechen. Wussten Sie, welche Bedeutung Grasels „Monsterprozess“ für die Geschichte der Justiz in Österreich hatte? Er beschleunigte die Reformen (moderne Strafordnung – 1850 und neues Strafgesetz – 1852), hatte enormen Einfluss auf die historische Entwicklung des österreichischen Strafrechtes und ebenso auf das richtige Verständnis dieser rechtsgeschichtlichen Epoche.
  • Wussten Sie, dass der Umstand der letztendlichen Verurteilung Grasels zum Tode nicht so sehr in der Schwere der Delikte bestand, die ihm tatsächlich nachgewiesen werden konnten, sondern eher in den Besonderheiten des Gerichtsverfahren? Es handelte sich um ein reines Untersuchungsverfahren, bei welchem die Funktion des Richters und des Klägers nicht getrennt war; der Beschuldigte war ein Objekt, dass zur Ablegung eines Geständnisses verpflichtet war, während die Rechte der Verteidung äußerst begrenzt waren. Das Gerichtsverfahren erfolgte geheim, schriftlich und indirekt, die Unabhängigkeit der Richter war nicht garantiert. Die Ermittlungsakte hatte 1378 Blätter und 1185 Beilagen.
  • Wussten Sie, dass die Erinnerungen an Grasel in dieser oder jener Form Bestandteil der mündlich überlieferten Geschichte zu beiden Seiten der Grenze wurden, und dass sie interessante Zeugnisse der volkstümlich geschichtlichen und rechtlichen Auffassungen in der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts sind? Die zweite Ebene bildet das Interesse der Literaten, Schriftsteller, Theaterschaffenden und Filmemacher. Die dritte Ebene ist die Ebene der Wissenschaft.
  • Wussten Sie, dass Sie in Horn den alten Stadtturm mit einer Ausstellungen über Grasel besuchen können? In Horn können Sie ferner das Gasthaus des Anführers der Räuber (seit 1977), Grasels Wirtshaus (seit 1980) besuchen, und in Mörtersdorf, wo Grasel festgenommen wurde, gibt es seit 1991 den sog. „Graselheurigen“. Zur Gestalt des Grasel entstehen in Österreich auch heute Theaterstücke, es werden seine Porträts gezeichnet, eine Band, die überwiegend Volkslieder präsentiert, nennt sich „Graselgeiger“. Damit das Höbarth-Museum in Horn vielen Legenden vorbeugt, beabsichtigt es, eine detaillierte Dokumentation zu Grasel zusammenzustellen. In Österreich hat Grasel den Spitznamen „Räuber von Adel“.

Wissen Sie nun, wie das „tschechische“ Wort GRÁZL entstand?

Literatur: HITZ, Harald: Johann Georg Grasel. Räuber ohne Grenzen.

DER FALL GRASEL

Die Kriminalität der „Outsider“ der menschlichen Gesellschaft um das Jahr 1800 im Waldviertel.
Michael Pammer

I. Die Kriminalität des 18. Und 19. Jahrhunderts ist von mehreren Autoren in etwa wie folgt beschrieben worden:
Der typische Verbrechertyp jener Zeit war verarmt, ohne eigenes Zuhause, ein Opfer des rapiden Bevölkerungszunahme im achtzehnten Jahrhundert, dem kriminelle Machenschaften als das einzige Mittel zu bleiben schienen, in dieser Welt überleben zu können.
Das Beispiel Johann Georg Grasels und seiner Kumpane aber beweist, dass diese Behauptung nicht verallgemeinert werden darf, und zwar aus folgenden Gründen: Die mehr als 200 Personen, die als Grasels Gefolgsleute von den Ordnungshütern verfolgt wurden, waren in der Mehrzahl keineswegs Obdachlose. In rund drei Viertel der Fälle ist ihr Wohnort bekannt, bei einem weiteren Fünftel muss das Fehlen konkreter Wohnsitzangaben auf ein Versagen der Behörden zurückgeführt werden, die in den jeweiligen Fällen nur den Namen vermerkten. Der Anteil der Obdachlosen lag daher wahrscheinlich bei unter zehn Prozent. Die involvierten Kumpane waren (bis auf ein paar wenige Ausnahmen) keineswegs verarmt, vielmehr verfügten sie als Abdecker, Gastwirte, Bauern und Kaufleute über ein in diesen Berufen übliches Einkommen. Zudem gingen die Anzahl ihrer Straftaten und der damit erzielte Profit zweifellos über das hinaus, was zur Existenzsicherung notwendig gewesen wäre. Es lassen sich Taten nachweisen, bei denen es in erster Linie nicht um Beute, sondern ums Vergnügen ging. Das gilt vor allem für die kleineren Delikte, die möglicherweise auch unter dem Einfluss von Alkohol verübt wurden.

II. Für die Organisationsform von Grasels Räuberbünden dürften wohl folgende Tatsachen als typisch gelten:
Mussten Entscheidungen getroffen werden, so existierte hierfür keine ausgesprochene Teilung der Kompetenzen, obwohl sich einzelne Personen natürlich leichter durchsetzen konnten. Bei konkreten Aktionen gab es keine fest bestimmte Aufteilung von Aufgaben, diese ergaben sich vielmehr aus der konkreten Situation. Die Aktionen wurden nicht selten ganz kurzfristig geplant, und wer daran teilnahm, war jeweils nur schwer vorauszusagen. Bestimmte Personen arbeiteten zwar durchaus häufiger zusammen, doch war die endgültige Zusammensetzung der jeweiligen Gruppe Sache des Zufalls. Die begangenen Untaten können in der Mehrzahl als Gelegenheitsaktionen bezeichnet werden. Die Straftaten wurden zumeist von zwei bis fünf Banditen begangen, die bei der Planung und Umsetzung autonom handelten. Die Bezeichnung „Bande“ ist daher für diese Personengruppen etwas ungenau. Verbindendes Element für die beteiligten Personen waren nur die sozialen Verhältnisse, aus denen sie stammten, was für die Täter zwar von Vorteil war, mit den Taten selbst jedoch in keiner Weise zusammenhing.

III. Ähnlich wie vielen anderen Räubergestalten wurden auch Grasel in der Literatur Robin Hood ähnliche Züge angedichtet. Zu den relevanten Umständen muss bemerkt werden:
Besondere Fürsorge für die Armen: Nirgendwo wird berichtet, dass Grasel besonderes Mitleid mit notleidenden Menschen gezeigt hätte oder von dem, was er den Reichen geraubt hatte, den Armen abgegeben hätte.
Kampf gegen die Obrigkeit: Delikte gegen die Obrigkeit beging er fast gar keine. Auch Delikte, die eigentlich ganz charakteristisch für das 18. Und 19. Jahrhundert sind (unerlaubtes Betteln, bestimmte Formen der Prostitution, posthussitisches Verhalten überhaupt) sind für den Fall Grasel nicht von Bedeutung, es handelte sich vielmehr um ein traditionell bestraftes Verhalten: „Gegenkultur“: Es fehlen auch alle Merkmale, die auf die Existenz eines ritualisierten sozialen Rebellentums hinweisen würden.
Harald Hitz: Johann Georg Grasel. Räuber ohne Grenzen. 1999

Legenden

Grasel nicht nur in Legenden

Neben den zahlreichen Legenden über den berüchtigten Räuber unseres Landstriches existieren zu seiner Person auch Lieder und sogar Theaterstücke. Vor allem unsere österreichischen Nachbarn haben dieses Gebiet des volkstümlichen Schaffens sehr gut erschlossen.
Auf der tschechischen Seite des Gebietes, das Grasel sehr gut kannte und wo er sich seinerzeit schnell und wendig zu bewegen vermochte, sind überwiegend Legenden geblieben. Nach und nach werden wir Sie mit ihnen bekannt machen. In den meisten von ihnen wird Grasel als fröhlicher, schlauer Bursche beschrieben, der – in der Tat – sowohl den Armen, als auch den Reichen nahm und keine großen Unterschiede machte.

Die Alte und der Grasel

Anfang Oktober, zum Franziskustag, fand in Dačice der Herbstjahrmarkt statt. Die Menschen aus der Umgebung trafen sich, um Vorräte für den Winter einzukaufen. Ein Großmütterchen aus Slavonice nahm den Weg durch den Wald. Zu jener Zeit trieb in der Gegend der berüchtigte Halunke und Wegelagerer Grasel sein Unwesen. Unterwegs grübelte die Frau darüber nach, was sie so alles kaufen wolle, wobei sich hin und wieder auch die Furcht vor dem Grasel dazugesellte. Dem zu begegnen, hätte noch gefehlt! Plötzlich und unverhofft trat aus dem Gebüsch ein aufgewachsener breitschultriger, junger Bursche hervor.

„Pfui, hab´ ich mich erschrocken. Ich dachte schon, es sei der Grasel. Das wäre mein Ende. Junger Bursch´, kannst du mich nicht aus dem Wald geleiten? Da hab ich wenigstens einen Beschützer bei mir”. Und bevor Grasel, was auch immer, antworten konnte, war ihr Redeschwall nicht mehr aufzuhalten. Von der Tochter und dem Hund des Nachbarn war die Rede, und vom Enkel und dem Alten daheim, von der Faninka und dem Mariechen und und und …. Dann war Grasel an der Reihe. Was das für ein Halunke sei, der stehlen, ja sogar Leute umbringen solle. Gasel fragte: „Und hat Euch schon jemand Böses getan?”

„Das hätte noch gefehlt! Es genügt, was man so von den Leuten hört. Aufhängen sollte man ihn, am erstbesten Baum. Wahrlich, das hätte er verdient, dieser Spitzbube.” Sie gelangten an das Ende des Waldes. Die Alte bedankte sich für die Begleitung, woraufhin Grasel fragte: „Mütterchen, seid Ihr wohl so nett und kauft mir für zwei Kreuzer Schuhzwecken?” „Aber gewiss doch! Für so einen anständigen Burschen immer.” Sie nahm das Geld und zog von dannen. Sie schlenderte über den ganzen Marktplatz, blieb an jedem Stand stehen, hier und da kaufte sie dies und jenes, bis vom Turm das Ende des Jahrmarktes verkündet wurde. Die Händler und Handwerker packten unverzüglich ihre Sachen und die Leute gingen gemächlich auseinander.

Die Alte beeilte sich, um zeitig zu Hause zu sein. Am Waldrand erblickte sie die Gestalt ihres Bekannten. „Hier habt Ihr Eure Zwecken, junger Herr.“ „Danke vielmals, Gevatterin.”

Und die Alte begann erneut, ihre Meldungen an den Mann zu bringen, die beim Grasel zu einem Ohr hinein und zum anderen Ohr hinausgingen. In der Zwischenzeit hatte er alle Zwecken aus der Spitztüte auf einen Baumstumpf geschüttet und mit der Spitze nach oben zu einem Kreis gerichtet. Nachdem er fertig war, hob er die Alte in die Höh´, schaute ihr in ihre Augen und sprach: „Also du willst dem Grasel Übles nachreden? Hier, damit du das nächste mal einen Grund hast” Und er setzte die Alte mit vollem Gewicht auf den Baustumpf und hielt sie fest, um sie am Aufstehen zu hindern. Die Alte jammerte, dass alle Vögel die Baumwipfel verließen. Dann ließ er sie los, verneigte sich mit den Worten: „Habe die Ehre, Madame, es verabschiedet sich …. Grasel!” und verschwand in der Dunkelheit.

Und die Alte lief jammernd und stolpernd davon.Vom Jahrmarkt kehrte sie, wie nie zuvor, spät heim, wobei sie später nie mehr allein den Jahrmarkt besuchte.

Aus dem Buch der Heimatsagen Der beherzte Turmwächter, bearbeitet von V. Jindra – Dačice, MMGA, 1998.

 

Über Grasel

Der Räuber Grasel soll häufig in Slavonice in der Friedhofskapelle übernachtet und dort seine Beute versteckt haben. Jener Grasel war ein junger fröhlicher Bursche und eines Tages wettete er im Gasthaus, dass es ihm gelänge, den vergoldeten Kerzenleuchter aus der Kirche in Slavonice zu stehlen. „Ich gehe jede Wette ein, dass ich weder durch das Portal schreite, noch über die Mauern klettere und dennoch in die Kirche gelange.“

Alle lachten, da man einhellig der Meinung war, diese Wette bereits gewonnen zu haben! Und sie setzten eine große Summe Geld.

Und sie verloren die Wette! Denn Grasel gelangte über einen unterirdischen Gang in die Stadt, von dem bis dahin niemand wusste. Er führte von der österreichischen Grenze bis in die Keller der Stadt Zlabings (Slavonice). Hierbei nahm der Räuber damals nicht nur den Leuchter aus der Kirche mit, sondern stahl darüber hinaus in einem Keller sehr viel Wein.

Ein anderes Mal kam er nach Písečná zum Tanzvergnügen. Er war in einer Jägeruniform gekleidet und niemand kam auf die Idee, dass sich ein Räuber unter ihnen befände. Er tanzte bis zum Morgengrauen und ließ sich, da er viel Geld bei sich trug, von der Musik auf den Weg begleiten. Als sich der Umzug dem Walde näherte, zahlte er die Musikanten mit goldenen Dukaten aus und fragte sie: „Wisst Ihr eigentlich, wem Ihr aufgespielt habt?“ Sie zuckten nur mit den Schultern und er zog blitzschnell aus der hinteren Hosentasche eine Pistole und schrie: „Ich bin Grasel, und wer mir an den Kragen will, soll es versuchen!“ Und er verschwand im Wald. Alle blieben wie versteinert stehen und niemand getraute sich, ihm nachzueilen.

Aus dem Buch Vom silbernen Hufeisen (O stříbrné podkově), zusammengestellt von E. Kilianová, Brno – Blok, 1986

Die ausgeraubte Kasse

In das Brauhaus in Český Rudolec kam einst ein schlanker, herrschaftlich gekleideter Bursche und bestellte einen Krug Bier. Er geriet ins Plaudern, fragte, was es Neues in der Gegend gäbe, und sprach: „Wisst Ihr, dass sich in Stálkov der Räuber Grasel aufhält? Angeblich will er die herrschaftliche Kasse ausrauben.“

„Wenn das wahr ist,“ sagte der Mälzer, „sollte man ihm im Walde auflauern und ihn gefangen nehmen, damit wir endlich Ruhe vor ihm haben.“

Kaum war der junge Bursche gegangen, schickte der Mälzer seinen Sohn mit dieser Nachricht auf das Schloss zum Grafen Radzumovský.

„Grasel ist hier? Das ist sehr gut. Endlich fangen wir ihn und sperren ihn ins Spritzenhaus!“

Sofort ließ er den Verwalter herbeirufen, man bewaffnete die Bediensteten und die Knechte und umzingelte den ganzen Wald, dass selbst ein Hase hätte nicht entfliehen können. Man lauerte still und leise hinter jedem Baum, hinter jedem Gebüsch, vergeblich. Zu jenem Zeitpunkt kam in die Schlossküche ein schön gekleideter Adliger und ersuchte mit ausgefeilten Worten um den Schlüssel von der Kasse.

„Der Herr Graf hat mich beauftragt, ihm aus der Kasse eine wichtige Urkunde zu bringen,“ erklärte er.

Nichts Böses ahnend, übergab man ihm vertrauensvoll die Schlüssel. Bald darauf kehrte der Graf unerledigter Dinge mit seinem bewaffneten Gefolge aus dem Walde zurück. Der Räuber war entkommen. Dafür fand man im Schloss – die ausgeraubte Kasse.

Aus dem Buch Vom silbernen Hufeisen (O stříbrné podkově), zusammengestellt von E. Kilianová, Brno – Blok, 1986

JOHANN GEORG GRASELS LEBENSLAUF

Johann Georg Grasel
Geboren wurde Grasel im Jahre 1790 in Nové Syrovice bei Moravské Budějovice. Sein Vater Abdecker, seine Mutter Bettlerin. Seine „Räuberlehrjahre!“ verbrachte er, nachdem sein Vater aus dem Gefängnis entlassen worden war. Nach mehreren Diebstählen wurde er im Jahre 1812 festgenommen und unter falschem Namen in Horn inhaftiert, doch gelang es ihm durch Bestechung des Amtsschreibers zu flüchten. So setzte er sein Räuberhandwerk fort und wechselt dabei öfters sein Versteck. Eines hatte er die ganze Zeit über in Stálky bei Uherčice. Sein räuberisches Treiben erreichte dann in den Jahren 1813 bis 1815 seinen Höhepunkt. In einem Gasthaus in Mörtersdorf bei Horn ging er den Ordnungshütern dann endlich in die Falle. Nach einem sich lange hinziehenden Prozess gegen Grasel und viele seiner Kumpane wurden Grasel, Fähding und Stangl zum Tode verurteilt und am 31. Januar 1818 in Wien hingerichtet.
Doch bis heute lebt Grasel in den Volkslegenden weiter. Und davon gibt’s auf tschechischer wie auch auf österreichischer Seite eine ganze Menge. In den meisten Geschichten wird Grasel als ein lebensfroher, pfiffiger junger Bursche geschildert, der keine großen Unterschiede zwischen Armen und Reichen machte und beide bestahl. Eine Interpretation der mit seinen Taten verbundenen Orte, steingewordene Erinnerungen an jene Zeit, in der dieser Räuber lebte – das alles halten die Graselwege für Sie bereit.

Polizeizeichnung von J. J. Grasel.